16.07.2014

Pressemitteilung: Rassistische Polizeikontrollen auf dem Kesselbrink

Erst vor rund 4 Wochen, am 20. Juni, wurde auf dem Kesselbrink ein "Refugees Welcome Fest" gefeiert, zu dem ein breites Bündnis aus Parteien und Vereinen aufgerufen hatte. Auch der Bürgermeister schrieb seine Grußworte. Der neue Kesselbrink soll sich als ein Ort des Zusammenkommens, des Wohlfühlens und des unbekümmerten Zeitvertreibs etablieren. Dieses positive Bild wird nun vom Arbeitskreis Asyl infrage gestellt.

"Auf dem Kesselbrink finden immer wieder rassistische Polizeikontrollen statt. Seit einigen Tagen nehmen diese sogar vermehrt zu. Der Kesselbrink ist damit kein Ort des Willkommens, sondern einer der Diskriminierung für Schwarze Menschen und Flüchtlinge", so Özkan Aksoy vom Arbeitskreis Asyl.

Laut offizieller Verlautbarungen der Polizei gehe es bei den massiven Kontrollen darum, Straftaten vorzubeugen beziehungsweise den angeblichen Drogenhandel auf dem Kesselbrink zu unterbinden. Der Arbeitskreis Asyl kritisiert jedoch, dass in das Raster der Polizei offenbar vor allem Schwarze Menschen geraten, die verdachtsunabhängige Personenkontrollen und Durchsuchungen durch die Polizei über sich ergehen lassen müssen. Auch eine Mitarbeiterin des Vereins geriet vor einigen Tagen in eine Durchsuchung der Polizei. Sie war am Mittwoch, 9. Juli 2014 gegen 18 Uhr mit einem Klienten im Auto unterwegs zu einem Arbeitstreffen. An der Heeper Straße nahm sie zwei weitere Klienten mit, die sich zuvor auf dem Kesselbrink aufgehalten hatten. Als sie das Auto am Real-Parkplatz parkte, wurde sie von der Polizei überrascht und aufgefordert sich auszuweisen. Anders als in der Pressemitteilung der Polizei und der bisherigen medialen Berichterstattung dargestellt, kamen Fahrerin und Mitfahrer dieser Anweisung nach. Allerdings stieß die Aufforderung der Polizei, sich durchsuchen zu lassen, bei den kontrollierten Personen auf großes Unverständnis, da eine Durchsuchung nur dann gerechtfertigt ist, wenn ein konkreter Verdachtsmoment besteht. Das sei laut Özkan Aksoy vom Arbeitskreis Asyl hier nicht der Fall gewesen: "Die Polizei gab als Grund für die Durchsuchung lediglich an, dass sich zwei der kontrollierten Personen auf dem Kesselbrink aufgehalten haben. Das allein kann aus unserer Sicht aber kein hinreichender Grund sein, um eine Durchsuchung über sich ergehen lassen zu müssen. Offenbar gerieten die beiden Personen auf dem Kesselbrink deswegen ins Visier der Polizei, weil sie Schwarz waren. Einen konkreten Verdachtsmoment konnte die Polizei trotz mehrmaligem Nachfragen nicht nennen. Hinzu kommt, dass die beiden anderen kontrollierten Personen sich gar nicht auf dem Kesselbrink aufgehalten haben. Unsere Mitarbeiterin hat mehrfach klargestellt, dass sie sich auf dem Weg zu einem Arbeitstreffen befanden. Sie wurden dennoch von den Beamt_innen durchsucht ".

Während der Durchsuchung erlitt die Mitarbeiterin des Arbeitskreises Asyls eine Prellung und Quetschungen. Der Arbeitskreis Asyl empfiehlt seiner Mitarbeiterin, eine Anzeige wegen Körperverletzung und rassistischer Polizeikontrolle (racial profiling) gegen die beteiligten Beamt_innen zu erstatten. Die Polizei hat angekündigt ein Verfahren wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt einzuleiten.

Der Fall reiht sich ein in eine ganze Serie rassistischer Polizeikontrollen. Der Arbeitskreis Asyl dokumentierte allein seit dem 7. Juli mehr als 20 polizeiliche Kontrollen und Durchsuchungen von Schwarzen Menschen. Die Dunkelziffer dürfte dementsprechend um ein Vielfaches höher sein.

Wesentliche Erfolge konnte die Polizei bislang durch die massiven Kontrollen nicht vermelden. Zwar wurden laut offiziellen Zahlen im selben Zeitraum zwei, als Drogendealer bezeichnete Menschen auf dem Kesselbrink festgenommen, allerdings kam ihre Ergreifung nicht durch die Kontrollrituale der Polizei, sondern auf Basis konkreter Hinweise von Zeug_innen zustande. Jana Ilic , Mitarbeiterin des Arbeitskreises Asyl resümiert: "Das Ergebnis dieser repressiven Methoden der Polizei ist nicht die Gewährleistung der "öffentlichen Sicherheit" in Bielefeld beziehungsweise auf dem Kesselbrink. Wir gehen vielmehr davon aus, dass der Kesselbrink so zu einem Ort wird, an dem sich nur noch weiße Menschen sicher und unbehelligt aufhalten können. Schwarze Menschen hingegen werden an diesem Ort kriminalisiert und stigmatisiert. Denn obwohl sich der Verdacht der Polizei in keinem der uns bekannten Fälle bestätigte, führt die bloße Kontrolle unweigerlich zur Reproduktion und Verfestigung des rassistischen Stereotyps vom "Schwarzen Kriminellen. Bei den vielen Besucher_innen des Kesselbrinks, die diese Kontrollen und Durchsuchungen beobachten, entsteht der Eindruck, eine Schwarze Person habe eine Straftat begangen".

Ähnliche Debatten um polizeiliche Kontrollen kamen auch in Bezug auf den Görlitzer Park in Berlin auf. Der Arbeitskreis Asyl zeigt sich angesichts der breiten öffentlichen und medialen Kritik zu den rassistischen Polizeikontrollen im Görlitzer Park überrascht über die Entscheidung der Bielefelder Polizeibehörden, ähnliche Maßnahmen in Bielefeld zu ergreifen.

Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis gegen Abschiebung und Ausgrenzung "move and resist" stellt der Arbeitskreis Asyl Infomaterial zur Verfügung, indem auf die rassistischen Maßnahmen aufmerksam gemacht wird und in dem Ratschläge gegeben werden, wie sich Personen im Falle einer Kontrolle verhalten sollten. Außerdem wird darum gebeten, die Fälle zu dokumentieren und Ort, Zeitpunkt, beobachtete Handlungen, Personenbeschreibungen und Namen der Beamt_innen (oder Autonummer des Dienstwagens) an folgende Adresse zu schicken: stopp-rassismus@remove-this.riseup.net