20.08.2010

Pressemitteilung: Demonstration gegen Abschiebung in Herford

Für Montag, den 23. August 2010 haben Freunde eines in Abschiebehaft befindlichen Flüchtlings eine Demonstration organisiert. Die Demonstration beginnt um 11.00 Uhr am Rathaus in Herford.

Trotz schweren Menschenrechtsverletzungen an nach Syrien abgeschobenen Flüchtlingen hat die Ausländerbehörde der Stadt Herford den kurdischen Flüchtling Abdou Biesho in Abschiebehaft genommen und will ihn in den nächsten Wochen nach Syrien abschieben.

Am Montag, den 16. August wurde Herr Biesho von der Ausländerbehörde der Stadt Herford und der Polizei festgenommen, inzwischen sitzt er in der Abschiebehaft in Büren bei Paderborn. Herr Biesho war über diese geplante Abschiebung nicht informiert worden, bei einer Akteneinsicht 4 Wochen vorher fehlten in der Akte Verweise für die damals schon vorhandenen Passersatzpapiere. Es ist zu befürchten, dass diese bewusst entfernt wurden, um Herrn Biesho zu täuschen.

Vor 13 Jahren ist Herr Biesho als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland eingereist, seitdem lebt er in Herford. In nächster Zeit wollte er seine Verlobte heiraten.

Als Unterstützer der kurdischen Yekiti Partei Syrien ist er auch in Deutschland aktiv, nimmt an Demonstrationen und Versammlungen teil. Dies hat er auch als besonderes Gefährdung bei seinem Asylfolgeantrag angeführt, da in den letzten Monaten immer wieder Berichte aus Syrien bekannt wurden, die von Menschenrechtsverletzungen gegen abgeschobenen Kurden und politisch Aktiven berichteten.

Auch ein Ad-hoc-Bericht des Auswärtigen Amtes berichtete über diese Inhaftierungen, zwischenzeitlich wurde deswegen vom Innenministerium ein Entscheidungsstopp angeordnet, viele syrische Flüchtlinge wurden aus der Abschiebehaft entlassen.

Schon seit zwei Jahren hatten Menschenrechtsorganisationen, Flüchtlingsorganisationen und kurdisch-syrische Organisationen auf die Menschenrechtsverletzungen in Syrien hingewiesen und eine Rücknahme des syrisch-deutschen Rückübernahmeabkommens gefordert.

In einer Anhörung im Bundestag wurde deswegen Anfang diesen Jahres über diese Situation berichtet. SPD, Grüne und die Linke forderten im Bundestag die Rücknahme, beziehungsweise Aussetzung des Abkommens. In dem Antrag der SPD vom Januar 2010 heißt es dazu:

"Die gegenwärtige Menschenrechtslage in Syrien muss zwingend dazu führen, dass ein Abschiebestopp erlassen und das bilaterale Rückübernahmeabkommen von Deutschland gekündigt wird. Die willkürliche Verhaftung von Rückkehrern und die mangelnde Kooperationsbereitschaft der syrischen Seite gegenüber dem Auswärtigen Amt bei dessen Nachforschungen nach dem Verbleib der Rückkehrer widersprechen dem in Artikel 9 Absatz 1 und 2 des Abkommens vereinbarten Grundsatz vertrauensvoller Zusammenarbeit. Nach Artikel 11 Absatz 3 ist eine Kündigung jederzeit durch Notifikation möglich."

In einer solchen Situation Abschiebungen auf so massive Art voranzutreiben halten wir für menschenverachtend.

Ein anderer Fall macht deutlich was in solch einer Situation passieren kann:

"Xalid Mio Kenco ist am 6. Juli 2010 über den Düsseldorfer Flughafen nach Deutschland zurückgekehrt. Kenco war am 1. September 2009 im Rahmen des deutsch-syrischen Rückübernahmeabkommens aus der Bundesrepublik Deutschland nach Syrien abgeschoben, dort inhaftiert und gefoltert worden. Am 8. Februar 2010 wurde er vom Militäreinzelrichter in al-Qamischli gemäß Artikel 287 Strafgesetzbuch wegen wissentlicher Verbreitung falscher oder übertriebener Informationen im Ausland zu vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Im Januar 2010 gelang ihm die Flucht in die Türkei, von dort durfte er nun nach Deutschland zurückkehren."

Vielen Abgeschobenen, die danach Inhaftierung und Folter erlebt haben; gelingt jedoch die erneute Flucht nicht.

Die Ausländerbehörde Herford hat bei Herrn Biesho die Möglichkeit das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht bezüglich seinem Asylfolgeantrag abzuwarten oder wegen des langen Aufenthaltes beziehungsweise der geplanten Eheschließung eine Aufenthaltserlaubnis oder zunächst eine Duldung zu erteilen. Gerade in einer solch brisanten auch in Deutschland scharf kritisierten Situation im Herkunftsland Syrien ist hier von der Ausländerbehörde dieses Ermessen zu erwarten.

Wir fordern daher von der Stadt Herford die sofortige Freilassung von Herrn Biesho.

Die Bundesregierung fordern wir auf, das syrisch-deutschen Rückübernahmeabkommens abzuschaffen.

Die Landes- und Bundesregierung fordern wir auf, einen Abschiebestopp nach Syrien zu erlassen.