19.03.2008

Pressemitteilung: Behörde sperrt schwerkranken Mann ein

Ausländerbehörde des Kreises Gütersloh nimmt schwerkranken jungen Mann in Krankenhaus fest und bringt ihn in Abschiebehaft

Am Freitag vergangene Woche hatte der 17 jährige S. einen Behandlungstermin im Krankenhaus. Er war von seinem Arzt überwiesen worden, da er an einer schweren Sichelzellenanämie mit Schmerzzuständen leidet. Dort traf er auf eine Vertreterin der Ausländerbehörde, die gegenüber dem Arzt angab, S. würde seinen Krankheitszustand nur vortäuschen. Trotz gegenteiliger ärztlicher Berichte wurde S. festgenommen und nach einem Haftprüfungstermin beim Amtsgericht Bielefeld in die Abschiebehaft nach Büren gebracht. Dem Anwalt wurde trotz Nachfragens der Termin der Haftprüfung nicht mitgeteilt. Die Haft wurde ohne Einsicht in die Krankenakte angeordnet.

Diese Festnahme und Inhaftierung eines kranken Menschen, der auf Behandlung und Fürsorge angewiesen ist, ist aus menschenrechtlicher Sicht ein absoluter Skandal. Einen Menschen aus dem Krankenhaus heraus festzunehmen und in Abschiebehaft zu nehmen ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und bewusste Inkaufnahme von gesundheitlichen Risiken und einem psychischen Zusammenbruch. In einem Schreiben des behandelnden Arztes heißt es dazu: "Sein Aufenthalt in der JVA ist ärztlicherseits nicht zu verantworten und kann lebensbedrohlich sein." Verwandten berichtet er, dass er absolut verzweifelt ist und große Schmerzen hat.

S. ist Flüchtling aus dem Irak und mit seinem Vater über Schweden nach Deutschland geflüchtet. Diese Station Schweden wird ihm nun zum Verhängnis, da das europäische Asylrecht vorsieht, dass das Land zuständig ist, in dem ein Flüchtling zuerst registriert wurde. Trotzdem gibt es im Einzelfall aus humanitären Gründen Ausnahmen, über die das Bundesamt für Flucht und Migration entscheidet. Im Fall von dem jungen S. liegen dem Bundesamt u.a. eine psychosoziale Stellungnahme, sowie ein ärztliches Gutachten vor, die davon ausgehen, dass der Vater mit der Versorgung und Pflege seines Sohnes alleine völlig überfordert wäre. Seine im Kreis Gütersloh lebenden Verwandten könnten in dieser Situation eine absolut notwendige Unterstützung sein. Ein Onkel würde darüber hinaus die Vormundschaft übernehmen, falls der Vater die Betreuung nicht mehr wahrnehmen könnte. Der Vater von S. hatte vorher viele Jahre im Kreis Gütersloh gewohnt und gearbeitet und könnte hier sofort wieder einen Arbeitsplatz bekommen. Dem Rechtsanwalt liegt bisher keine Entscheidung des Bundesamtes in dieser Angelegenheit vor. Die Ausländerbehörde hat aber schon einmal den jungen S. in Abschiebehaft genommen, obwohl bei einem kranken und behandlungsbedürftigen Menschen wie ihm wohl kaum von Fluchtgefahr oder drohendem Untertauchen die Rede sein kann.

Laut einem ärztlichen Attest des Gesundheitsamtes sind Menschen mit dem Krankheitsbild von Herrn S. "Flugreisen jeglicher Art verboten [...] Über eine Reisefähigkeit in anderer Form kann erst nach eingehender, evtl. stationärer Diagnostik und Behandlung entschieden werden." Wie aber soll denn Herr S. nach Schweden überführt werden? Soll die eingehende stationäre Diagnostik und Behandlung in der Abschiebehaft Büren vollzogen werden? Wozu muss ein schwer kranker und psychisch instabiler Mensch in Abschiebehaft, der allein durch die Tatsache, dass er permanente ärztliche Betreuung bracht nicht untertauchen kann?

  • Wir fordern die Ausländerbehörde auf, den Haftantrag sofort zurückzunehmen, damit Herr S. aus der Abschiebehaft entlassen werden kann.
  • Weiterhin fordern wir, dass Herr S. eine angemessene medizinische Behandlung erfährt und nicht Ausländerbehörden in derart massiver Art und Weise in die ärztlichen Behandlungsvorschläge und Definitionen der Gesundheitsrisiken eingreifen.
  • Das Bundesamt fordern wir auf, endlich von seiner Möglichkeit des "Selbsteintrittsrechtes" Gebrauch zu machen und den Asylantrag von Vater und Sohn in Deutschland entgegenzunehmen. Nur so kann der Vater bei der Versorgung des Sohnes hier die dringend notwendige Unterstützung durch die Verwandten erhalten. Beide Flüchtlinge haben im Irak schreckliche Dinge erlebt und habe ein Recht endlich zur Ruhe zu kommen und menschenwürdig behandelt zu werden.

Kontakt für weitere Fragen:
Kathrin Dallwitz (AK Asyl e.V.)
Selim Altan (Rechtsanwalt)

Dateien:
PM_2008-03-19.pdf79 Ki